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Kurzgeschichte von GuenterDollhaeubl

Und was macht die Adirondacks so einzigartig? Schwer zu sagen. Eigentlich ist es eine Landschaft, die es so auch in anderen Ländern gibt. Hügelwellen, Seen, Flüsse und alles von Laubwäldern dicht bewachsen. Aber dass dieses Gebiet bis zum heutigen Tage in dieser Größe und mitten in den volkreichen Neuenglandstaaten so überlebt hat, macht es wirklich einzigartig. Wahrscheinlich hilft auch der Status eines State Parkes dabei. Nur ein paar Autostunden nördlich des Ballungszentrums rund um New York City gelegen, sind die Adirondacks auch für Wochenendabenteurer gut erreichbar und dementsprechend frequentiert. Kaum frequentiert ist der nur auf einer kleinen Nebenstrasse erreichbare Friends Lake. Eher durch Zufall als durch eine geplante Aktion steuert man diesen See an. Eigentlich haben wir uns ja nur verfahren und es gab keine Stelle an dem wir unser 7 Meter Mobil wenden konnten. Als wir dann den See erreichten und nach einer Stelle Ausschau hielten, an dem wir unser Lunch mit Seeblick einnehmen konnten, kamen wir auch bei einem Haus vorbei, an dem eine kleine Bootsvermietung angeschlossen war. Natürlich hatten sie auch drei Kanus und für ein paar Dollars mieteten wir eines für ein paar Stunden. Diesmal nicht die üblichen Alukanadier, sondern ein grünes Mad River, ohne genauere Bezeichnung. Das Wetter war schön, etwas kühl, aber der Himmel war stahlblau. Wir packten unser Lunch in einen Sack und paddelten aus der Bucht hinaus. Dann wendeten wir uns gegen Norden und paddelten plaudern am Ufer entlang um eine geeignete Stelle für eine Pause zu finden. Aber das Ufer war dicht bewachsen und eine Böschung verhinderte ein einfaches Anlanden. Nach 30 Minuten wurden wir dann unruhig. Der Hunger meldete sich. Vor uns war eine schmale Landzunge, um die wir rundherum paddeln wollten, um auf der Gegenseite anzulegen. Hier war die Vegetation weniger dicht, und es schien auch nicht so sumpfig zu sein. Ein Ziel vor Augen erhöhten wir die Paddelfrequenz und steuerten um die Landzunge. Nicht zu eng um etwaige unter Wasser liegende Steine ausweichen zu können. Dann haben wir einen freien Blick vor uns. Zu unserer rechten Seite die Landzunge, die sicher nicht breiter als 10 Meter ist, und sich an die 50 Meter in den See hinausstreckt. Zu unserer Linken sehen wir eine weite Bucht und am inneren Ende der Landzunge, also direkt vor uns, einige Kiesbänke die anscheinend durch einen Bach der dort in den See mündet entstanden sind. Genau dorthin Paddel wir, um ein Picknick zu machen. Als wir nur noch 20 Meter von der ersten Sandbank entfernt sind, und wir uns treiben lassen, um eine gute Raststelle zu finden, teilen sich weiter hinten am angrenzenden Wald die Büsche und ein ausgewachsener Elch tritt ins Sonnenlicht heraus. Wir sehen ihn gleichzeitig und erstarren in der Bewegung. Der Elch tritt zum Bach und beginnt erst einmal seinen Durst zu löschen. Wir sind ruhig und das Boot treibt langsam auf die Sandbank zu. Dann das Knirschen des Kieses als das Boot auffährt, welches aber von Glucksen des Baches übertönt wird. Doch nun dürfte uns auch der Elchbulle bemerkt haben. Er hebt den Kopf hoch und schaut zu uns herüber. Seine Ohren bewegen sich in alle Richtungen, ansonsten steht er unbeweglich vor uns. Die Strömung hat uns inzwischen erfasst und das Boot längsseits gedreht. Zwischen uns und dem Elch sind es vielleicht dreißig Meter, inklusive mehrerer flacher Rinnsale des Baches. Plötzlich macht er zwei Schritte auf uns zu und verhält wieder. Ohne etwas sagen zu müssen, haben wir uns vom Ufer abgestoßen, und versuchen mit ein paar kräftigen Paddelschlägen tieferes Wasser zu erreichen. Zehn Sekunden später drehe ich das Boot wieder, da hier der See ziemlich tief erscheint. Der Elch beobachtet uns nach wie vor. Nun regt sich endlich der Jagdtrieb in mir und ich greif mir den Sack um die Kamera raus zu holen. Doch bevor ich ihn noch geöffnet habe, dreht der Elch sich herum und trottet ein paar Meter den Bach hinauf um dann nach einem kurzen Blick über die Schulter, links im Unterholz zu verschwinden. Nach einigen Minuten Diskussion entscheiden wir uns trotzdem hier anzulegen und unser Lunch zu verzehren. Obwohl wir voller Freude über den seltenen Anblick diskutieren, können wir uns nicht wirklich entspannen. Während der ganzen Pause beobachten wir beide den Waldrand. Allzeit bereit ins wartende Boot zu hüpfen, falls der Elch wieder auftauchen sollte.

Es ist bereits Abend als wir das Boot wieder abliefern, und wir fragen ob wir hier irgendwo im Motorhome übernachten könnten. Die freundliche Besitzerin der Bootsvermietung, schlägt vor ein paar hundert Meter den Weg weiter zu fahren. Dann würden wir an einen Parkplatz mit einer Bootseinlassstelle kommen, und dort könnten wir problemlos wenden, aber auch die Nacht verbringen. Da wir autark sind entscheiden wir uns für diese Option. Ein paar Minuten später campen wir auf einer Wiese am Ufer des Sees. Es gibt hier auch Feuerstellen, Tische und Bänke. Während Trude ein kleines Abendessen zubereitet, starte ich ein schönes Lagerfeuer. Gerade zum richtigen Zeitpunkt, da es bereits rasch dunkelt. Dann schalten wir die Außenbeleuchtung unseres Campers ein, ziehen die warmen Jacken an, und öffnen ein paar Dosen Bier, die recht gut zu den Nudeln in Käsesauce passen. Es weht hier kein Wind und ist daher recht still. Wir essen rasch das schnell kalt werdende Essen, werfen die Pappteller in den Müllsack und platzieren eine Bank am Feuer. Das stark lodernde Campfeuer verbreitet angenehme Wärme und der Rauch steigt senkrecht empor. Gute Voraussetzungen für ein längeres Plaudern am wärmenden Feuer. Es ist inzwischen dunkel geworden, jedoch verbreiten Sterne und der zunehmende Mond ein silbernes Licht auf den See. Hin und wider hören wir die Schreie von Kanadagänsen, aber sonst ist es außer dem Knacken und Lodern des Feuers recht still. Doch dann setzt von weither Coyotengeheul ein, und bevor wir noch sagen konnten von wo her dieser lang gezogene Laut kam, hörten wir einen anderen Coyoten viel näher, irgendwo an unseren Seeufer. Bald setzt auch ein dritter und vierter in das Konzert ein. Für uns Europäer ein tolles Erlebnis. Wir fühlen uns in der Wildnis und trinken eine weitere Dose Bier am Feuer. Jetzt fehlt nur noch eine Gitarre und ein sehnsuchtsvoller Country Song um die Romantik perfekt zu machen. Aber auch ohne Musik ist dieser Abend am Friends Lake ein unerwartetes und deshalb umso schöneres Erlebnis, welches es wert ist hier ein paar Zeilen zugesprochen zu bekommen. Wild, romantisch, und sehenswert. Die Adirondacks – von uns entdeckt, auf Lederstrumpfs Spuren….